[Rezension] Die Wolfsfrau | Clarissa Pinkola Estés

Mittwoch, 25. April 2018


Seiten: 538
Verlag: Heyne
Ersterscheinung: 1993
ISBN: 9783453132269
Format: Taschenbuch
Preis: [A] 13,40 €  |  [D] 12,99 €
Untertitel: Die Kraft der weiblichen Urinstinkte
Originaltitel: Women Who Run With the Wolves
Genre: psychologisches Sachbuch; Spirituelles

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Mein Lesezeitraum: 17. März - 14. Apr. 2018  (= 29 Tage)




Die Buchrückseite
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»Keiner Frau ist es vom Schicksal bestimmt worden, ihr Dasein als kümmerliches, unauffälliges Nagetier zu führen, als dressiertes Mäuschen, das es nicht fertigbringt, einen mächtigen, wolfsartigen Satz nach vorn zu machen, sich auf die Jagd zu begeben und das Unbekannte zu erforschen!«


Clarissa Pinkola Estés hat den Weg bereitet für ein neues Frauenbewusstsein: In Märchen und Mythen zeigt sie uns jene schlummernde weibliche Kraftquelle, die jede Frau in sich trägt. Haben wir die Wolfsfrau wieder in uns entdeckt, so finden wir zurück zu Leidenschaft, Kreativität, Instinkt und Selbstbewusstsein.


Der Erste Satz
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Nicht nur die wilden Tiere, auch die wilden Frauen dieser Erde sind vom Aussterben bedroht.


Meine  Meinung
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Die Ursprünglichkeit der Frau

Eigentlich wollte ich mir für meine Rezension zwischendurch Notizen zu diesem Buch machen, bin aber letztlich gar nicht dazu gekommen, weil mich der Inhalt durchgehend an sich gefesselt hat. Es fiel mir sogar schwer, auch mal innezuhalten, um über das Gelesene nachzudenken, da ich wahnsinnig neugierig war, was es als nächstes zu lesen gibt. Aber genau das sollte man laut Autorin unbedingt tun: sich beim Lesen Zeit lassen. Also: nur ein Stück lesen, das Buch liegen lassen, darüber nachdenken und erst dann weiterlesen.

In Die Wolfsfrau, von der ich erst gedacht habe, dass es ein Roman ist, tatsächlich aber als ein psychologischer und spiritueller Ratgeber (für Frauen) durchgeht, geht es, erst mal grob gesagt, um die Wildnatur der Frauen, um ihre Urinstinkte und die weibliche Intuition. Wie schon aus der Buchbeschreibung zu entnehmen ist, weist die Autorin in ihrem Werk darauf hin, dass moderne Frauen von heute durch unsere Zivilisation und die Gesellschaft in starre Rollen gedrängt werden, sie also meistens etwas vorgeben zu sein, was sie ursprünglich nicht sind: angepasst, gehorsam, fügsam, untergeordnet und still. Das, was die Frau eigentlich ist, ihre Wildnatur, wird erfolgreich unterdrückt. Damit verdrängt sie allerdings gleichzeitig auch ihre Kreativität, ihr Selbstbewusstsein und ihre sprühende Lebensfreude. - Das ist der Preis, den sie bezahlen muss. Clarissa Pinkola Estés findet, dass es höchste Zeit ist, den Frauen zu sagen und zu zeigen, wie sie zu ihrer instinktiven Natur zurückfinden – zur Wolfsfrau – um der wilden, ungezähmten Urfrau in ihr wieder Raum zu geben.

Ihr seht schon, Die Wolfsfrau ist vorrangig ein Buch für Frauen, nichtsdestotrotz finde ich, dass auch Männer vom Inhalt profitieren können – um das weibliche Geschlecht besser zu verstehen.

Eine von ihren Urinstinkten abgeschnittene Frau hungert aus und flüchtet sich dann in ein Suchtverhalten, von dem sie unter Umständen vollkommen beherrscht wird.
(S. 266)

Was können nun die typischen Symptome einer Frau sein, die eine gestörte Beziehung zu der Frau hat, die sie im tiefen Inneren eigentlich ist? - Sie fühlt sich ausgelaugt und verletzlich. Ist deprimiert, verwirrt, lustlos, machtlos, ängstlich und verunsichert. Ist unfähig, selbst etwas auf die Beine zu stellen oder sich zu zeigen, wie sie ist. Sie fühlt sich uninspiriert, hässlich, schuldbewusst und steif. Sie hat eine ständige Wut im Bauch. Sie könnte durchdrehen. Ist unkreativ und bedrückt. Sie zweifelt, jammert, zieht nichts durch, überlässt anderen die kreativen Aufgaben, ist defensiv, und kann sich auf keine tieferen Beziehungen einlassen. Sie fühlt sich kraft- oder elanlos, sie ist viel zu lieb und nett. Sie bringt es nicht fertig, etwas Neues zu versuchen oder fürchtet sich davor, etwas allein zu unternehmen/auf Reisen zu gehen. Sie hat Angst davor, die eigenen unvollkommenen Werke vorzuzeigen, bevor sie als Meisterstücke gelten können.

Genau genommen, hat die Autorin noch viele weitere Symptome aufgelistet. Als ich mir das alles so durchgelesen habe, musste ich feststellen, dass ehrlicherweise auch auf mich einige der genannten Symptome zutreffen und dann wusste ich: das ist genau das richtige Buch für mich.


Clarissa Pinkola Estés hat eine starke Affinität, Geschichten zu erzählen und wird deswegen als Cantadora – Märchenerzählerin – bezeichnet. Geschichten als Medizin – das ist es, wovon Estés überzeugt ist. Außerdem ist das Geschichtenerzählen eine der ältesten Traditionen ihrer Familie und aus diesem Grund hat die Autorin in ihrem Buch auch einige Märchen, Geschichten und Mythen eingebaut. Ein paar sind bekannt, so zum Beispiel »Das hässliche Entlein«, »Die roten Schuhe« oder »Blaubart«, andere sind Geschichten, die die Autorin von den verschiedensten Leuten während ihrer Recherchen erzählt bekommen und in diesem Buch wiedergegeben hat. Nun ist Estés ja auch ausgebildete Psychoanalytikerin und hat den Inhalt eines jeden Märchens/einer jeden Geschichte gleich danach genau auseinandergenommen, analysiert und interpretiert. Die Autorin lässt sich dafür viel Zeit, beschreibt ausführlichst die Hintergründe der Handlungen und ihre Bedeutungen für die weibliche Psyche. – Manchmal auch in Form von Traumdeutungen. In vielen Geschichten habe ich mich selbst wiederentdeckt, deshalb konnte ich persönlich einiges daraus mitnehmen.

Die Metaphern in dieser Geschichte sind Wegweiser, die verdeutlichen, wie eine Frau zu ihrem innewohnenden Instinktleben zurückfinden kann.
(S. 48)

Ich habe das Werk beendet und das erste, was ich gedacht habe, war: Das ist ein Buch, das JEDE Frau gelesen haben sollte, denn durch den Inhalt fühlt man sich in seiner Situation schlicht und einfach verstanden. Außerdem bietet es Frauen, zwar nicht ganz direkt, Anregungen und Lösungsvorschläge, aus der momentanen Lebenslage/dem IST-Zustand auszubrechen oder ihn zu verändern. Warum nicht ganz direkt? - Weil jeder Mensch/jede Frau ein Individuum ist und es keine Globallösung gibt. Aber das sollte klar sein. Mit seiner Intuition, seiner inneren Stimme und der eigenen ursprünglichen Natur kann jede Frau ihren individuellen Weg finden!


Persönliche Bewertung
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Weitere Buchzitate
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~ Von Zeit zu Zeit sollten wir uns also ruhig an irgendeinen stillen Ort zurückziehen, in uns hineinblicken und uns 
folgende Fragen stellen: »Was ist aus meiner Seele geworden? Was in mir ist kaputt, abgestorben oder droht 
abzusterben, wenn ich so weitermache? Welche Grundbedürfnisse liegen inzwischen unter Sanddünen begraben? 
Wie steht es mit meiner Beziehung zum wilden, instinktiven Selbst? Wann bin ich zum letzten Mal frei und laut 
lachend einem unbekannten Horizont entgegengelaufen? Was sagt die Stimme meiner Seele in diesem Augenblick?« ~
(S. 49)

~ Einer schmerzhaften Wahrheit ins Auge zu sehen, kann so verletzend sein, 
dass man sich an der psychologischen Halsschlagader getroffen fühlt. ~  
(S. 73)

~ Um lieben zu können, muss man nicht nur stark sein, sondern auch weise. ~ 
(S. 165)

~ Aber wenn man verzweifelt ist, sucht man leicht das Falsche am falschen Ort. ~ 
(S. 219)

~ Wer alles versteht, kann alles verzeihen. ~  
(S. 445)





Die Autorin
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Clarissa Pinkola Estés, Jahrgang 1943, ist mexikanischer Herkunft, wird als Kind von ungarischen Emigranten adoptiert und wächst auf einer Farm in Indiana auf. Sie hat in Ethnologie und klinischer Psychologie promoviert und ist als Jungianische Psychoanalytikerin tätig. Ihr Buch Die Wolfsfrau wurde in den USA über Nacht zum Kultbuch und weltweit zum Bestseller, der ebenso wie ihre späteren Titel Die Wolfsfrau erzählt, Und es war gut so und Der Wind der Weisheit bei Heyne erschienen ist. Clarissa Pinkola Estés lebt in Wyoming und Colorado, wo man sie wegen ihrer erzählerischen Begabung mit dem Titel Cantadora (Märchenerzählerin) auszeichnete. 



-) Hier findet ihr die Autoren-Website. 
-) Die Autorin auf Facebook.





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5 Kommentare:

  1. Hi!

    Ich hab das Buch vor einer gefühlten Ewigkeit gelesen - hab aber sehr gute Erinnerungen daran, das hat mich damals ziemlich beeindruckt. Vielleicht sollte ich es nochmal lesen. Deine Rezension dazu macht jedenfalls wieder Lust drauf :)

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Schön, dass du es nach so langer Zeit noch gut in Erinnerung hast. Beeindruckend war es auf alle Fälle und auch ich möchte es zu gegebener Zeit gerne noch einmal lesen. :)

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  2. Liebe Janine

    Vielen Dank für diesen tollen Buchtipp und die schöne Zitatesammlung. Ich bin ja leider immer ein wenig zu faul, um mir auch wirklich Zitate zu notieren und gebe das dann leider zu oft auf, obwohl ich solche Sammlungen eigentlich mag...

    Was ich aber eigentlich sagen wollte :-) Ich finde es sehr spannend, dass die doch sehr starre Rolle der Frau vorwiegend in der westlichen Welt und in sehr östlichen Gegenden existiert. Auch wenn in vielen Naturvölkern zwar eine ziemlich klare Rollenverteilung zwischen Männer und Frauen existiert (dies aber oft aufgrund rein praktischer Gründe wie der grösseren Muskelkraft von Männern oder dem Gebären bei Frauen), kann da oft gar nicht von Unterdrückung gesprochen werden. Gerade in Tibet oder auch bei den Indianern Nordamerikas (aber nicht nur da) obliegt gar die Herrschungsgewalt über Haus und Hof bis hin zu einzelnen grossen Ausseineinsätzen komplett den Frauen.
    Das ist wirklich sehr spannend und ich denke, dass es auch sehr wichtig ist, die ewige Gleichmacherei endlich zu beenden. Frauen und Männer sind nun einmal nicht gleich, sollten aber aufgrund ihrer Verschiedenheiten nicht anders behandelt werden und vor allem nicht unterschiedliche Rechte haben.

    Vielen Dank noch einmal für die Empfehlung, das Buch merke ich mir vor
    Livia

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    1. Hallo Livia,

      da ich beim Lesen meist mein Handy bei mir habe (hab ich mir so angewöhnt), tippe ich mir die Zitate schnell in die Notizfunktion meines Handys oder nur die Seitenzahl und mache das später, nachdem ich das Kapitel beendet habe, ganz in Ruhe.

      Du hast recht! Auch im Tierreich kommt das manchmal vor, das Matriarchat. Aber so oder so, niemand, kein Mann und keine Frau, sollte unterdrückt werden, in keiner Gesellschaft. Das führt immer zu Unzufriedenheit und all den anderen Symptomen, die ich unter anderem in meiner Rezension aufgelistet habe. Frauen und Männer sind nicht gleich, das stimmt und deswegen finde ich, muss man sie auch nicht gleich behandeln bzw. nicht gleich auf sie zugehen, wenn du verstehst, was ich meine, aber was auf alle Fälle gleich sein sollten ihre Rechte!

      Ja, sehr gerne! Alles Liebe dir! ♥

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    2. Liebe Janine

      Das habe ich auch versucht und dann blieben die Seitenzahlen irgendwo gespeichert oder sogar Fotos von den Zitaten und ich habe sie mir doch nie notiert oder abgetippt. Da war sicher aber auch immer ein wenig Faulheit im Spiel :-)

      Ich verstehe genau, was du meinst, das meinte ich auch so, konnte es aber einfach nicht so gut formulieren, wie du :-)

      Alles Liebe
      Livia

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